CD: Libertango
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Dass Doris Orsan und Johannes Tonio Kreusch vorzüglich harmonieren, wissen wir längst, und es ist sicher nicht übertrieben, diese CD für ihre bislang beste zu halten… Fazit: eine klasse Produktion von hohem Repertoirewert für diese Besetzung.
Akustik Gitarre
Tracks
Gerardo Matos RODRIGUEZ
Cumparsita**
Ángel VILLOLDO
El Choclo / Tango Criollo**
Astor PIAZZOLLA
Libertango**
Héctor STAMPONI & Cátulo CASTILLO
El Último Café**
Máximo Diego PUJOL
Autovía* (Dedicated to Johannes Tonio Kreusch)
Héctor AYALA
Malambo**
Ariel RAMÍREZ & Félix LUNA)
Alfonsina y el mar**
Astor PIAZZOLLA
Zita***
Roland DYENS
Tango en Skaï
Francisco CANARO / Manuel ROMERO
Tiempos Viejos**
Enrique FRANCINI, Héctor STAMPONI y Homero EXPÓSITO
Azabache**
Johannes Tonio KREUSCH
Liberdanza*
Béla BARTÓK (arr. Arthur Levering)
Romanian Folk Dances
Bot tánc / Jocul cu bâtă (Stick Dance)
Brâul (Sash Dance)
Topogó / Pe loc (In One Spot)
Bucsumí tánc / Buciumeana (Dance from Bucsum)
Román polka / Poarga Românească (Romanian Polka)
Aprózó / Mărunțel (Fast Dance)
Atanas OURKOUZOUNOV
Rhodope, Song & Dance* (Dedicated to Doris Orsan and Johannes Tonio Kreusch)
I. Molto delicato
II. Allegro ritmico
.
* World Premiere Recording
** Transcriptions by Máximo Diego Pujol (guitar parts) & Tulio Peramo (violin parts)
*** Transcription by Tulio Peramo
.
Doris Orsan – violin
Johannes Tonio Kreusch – guitar
All transcriptions written for Doris Orsan & Johannes Tonio Kreusch
über „Libertango“
Mit den CDs „Dialogues“ und „Tangos & Canciones“ belebten der Gitarrist Johannes Tonio Kreusch und die Geigerin Doris Orsan das selten zu hörende Duo Violine und Gitarre neu. Reichte das Spektrum auf diesen Produktionen von der klassischen Romantik über den karibischen Musikkosmos bis zur Modernen Musik, so konzentrieren sie sich bei ihrem neuen Wurf „Libertango“ zunächst auf argentinische Klangwelten. Aus einem guten Grund: Das Album zelebriert nicht nur ihre Leidenschaft für diese Musik, es basiert vor allem auf den vielen Freundschaften, die sie mit Musikern aus diesem Fach pflegen.
So ist eine Wurzel von „Libertango“ Kreuschs vor einigen Jahren begründete musikalische Partnerschaft mit Giora Feidman. Viele kennen ihn als „König des Klezmer“, vergessen dabei aber, dass er Argentinier ist und dementsprechend von Tango und Milonga, Tango Nuevo, aber auch Alberto Ginasteras Kunstmusik geprägt ist. Feidman beriet Kreusch bei der Auswahl und Interpretation mancher Stücke, etwa dem titelgebendem „Libertango“ oder auch dem weniger bekannten „Zita“, beide vom Tango-Nuevo-Begründer Astor Piazzolla. Oder vom heute und hierzulande kaum mehr bekannten klassischen Tango-Komponisten der Jahrhundertwende Ángel Villoldo, dessen Klassiker „El Choclo“ von Kreusch und Orsan meisterhaft interpretiert wird.
Noch älter ist Kreuschs Freundschaft zum gleichfalls argentinischen Gitarristen Maximo Diego Pujol. Auch der 65-Jährige war stark von Piazzolla und der argentinischernFolklore beeinflusst und gilt heute als einer der wichtigsten lateinamerikanischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Auf „Libertango“ gibt es die Weltpremiere des für Kreusch komponierten Gitarren-Solostück „Autovía“ zu hören. Mehr noch, Pujol arrangierte fast alle Stücke des Albums, erstmals in Zusammenarbeit mit einem weiteren engen Freund von Kreusch und Orsan.
Das ist der kubanische Komponist Tulio Peramo, den Kreusch vor fast 30 Jahren in Havanna kennenlernte, der später auf von Kreusch kuratierten Festivals erstmals in Deutschland auftrat und inzwischen ebenfalls etliche Stücke für Kreusch geschrieben hat. Wie kein anderer versteht es Peramo, die Stile und Farben der kubanischen Musik mit den Formen und Traditionen der europäischen Klassik zu verschmelzen. Dies durchdringt an vielen Stellen auch die meisterhaften Arrangements auf „Libertango“. Wofür es in der Umsetzung natürlich nicht nur technischer Extraklasse, sondern auch musikalischer Intelligenz und einer künstlerischen Bandbreite bedarf.
Gemeinsam bilden Doris Orsan und Johannes Tonio Kreusch seit vielen Jahren ein erfolgreiches Kammermusik-Duo, das eben nicht nur das Standardrepertoire pflegt, sondern viele – oft ihnen gewidmete und von ihnen uraufgeführte – zeitgenössische Kompositionen umfasst. Und so finden die beiden auf „Libertango“ ihren eigenen Weg zwischen „tristeza“ und „allegria“, zwischen Melancholie und schäumender Lebensfreude, zwischen den Elementen der klassischen Tongebung und der lateinamerikanischen Rhythmik und Phrasierung. Was aus mitunter zu oft gehörten Klassikern neue „unerhörte“ Stücke macht, und zugleich Welturaufführungen wie „Standards“ klingen lässt.
Und die beiden wären nicht die wegweisenden, vorwärtsgewandten Künstler, die sie sind, würden sie auf „Libertango“ nicht zum Schluss noch eine Verbindung zur ureigenen europäischen Tradition herstellen und den Blick in die Zukunft lenken. Erst mit den sechs kurzen Rumänischen Volkstänzen von Béla Bartók, die eine transkontinentale Brücke schlagen zur kunstmusikalischen Verarbeitung von Volksmusik. Und schließlich mit einem letzten Ausrufezeichen, erneut einer Weltpremiere eines für Kreusch und Orsan von einem weiteren Freund geschriebenen Werkes. Der bulgarische, in Paris lebende und lehrende Gitarrist und Komponist Atanas Ourkouzounov widmete ihnen das zweiteilige, in einen Song (Molto delicato) und einen Tanz (Allegro ritmico) aufgeteilte „Rhodope“. Es ist ein moderner, genial mit den Melismen und Rhythmen der bulgarischen Musik wie einer modernen, aber immer zugänglich bleibenden Formensprache arbeitender Hymnus an das Gebirge in Ourkouzounovs Heimat, die den beiden alles abverlangt.
Und so rundet sich „Libertango“ nicht nur zu einem musikalischen Meisterwerk, es ist auch eine Ode an die Freundschaft, eine Fürsprache für den Austausch über alle Grenzen hinweg, ein Fest des gemeinsamen Dienens an der Musik und ein klingender Ausdruck von Menschlichkeit.
Oliver Hochkeppel
Weitere Informationen finden Sie auch unter:
https://www.glm.de/produkt/doris-orsan-johannes-tonio-kreusch-libertango